Milliardenschwere gebrannte Mandeln?

Milliardenschwere gebrannte Mandeln?

Weihnachtsmärkte – eine temporäre Win-win-win-Situation

Letztens schlenderte ich gedankenversunken über den Weihnachtsmarkt, sah all die Lichter und Glühweinbuden, die in dicken Jacken eingepackten Menschen, bunte Verkaufsstände, pralle Einkaufstaschen, locker sitzende Geldscheine, die den Besitzer wechselten… Ich wunderte mich, wieviel Geld ich durchschnittlich im Jahr auf Weihnachtsmärkten ausgebe? Hier eine Mettwurst im Brötchen, da ein paar Gläschen Glühwein mit Schuss, eine Tüte gebrannte Mandeln, und, und, und. Ich überlegte: Wenn jeder der 80 Millionen Deutschen nur einen einzigen Glühwein mit Rum für 2,50 Euro kaufte, würden schon 200 Millionen Euro umgesetzt. Klar, nicht jeder geht hin, nicht jeder kann hingehen… Aber der Gedanke ließ mich nicht los. Wenn jeder Bürger zwei Glühwein pro Weihnachtsmarktsaison bestellte, wären es 400 Millionen Euro Umsatz usw. Wie groß ist das Umsatzvolumen tatsächlich? Wie auch immer… Es ist eine schöne Sache zur dunklen, kalten Jahreszeit, jedenfalls besinnlicher als ein unruhiger Jahrmarkt. Doch wer hat es erfunden, diese Weihnachtsmärkte und das Drumherum, so wie wir es heute kennen?

Laut einigen Studien beläuft sich der Gesamtumsatz auf Weihnachtsmärkten mittlerweile auf 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, in einigen Quellen ist von doppelt so großem Umsatzvolumen die Rede. So stellt der Bundesverband der Schausteller und Marktkaufleute heraus, dass 160 Millionen Menschen auf 2500 Weihnachtsmärkten fünf Milliarden Euro Umsatz generieren (12 Euro Umsatz pro Kopf plus 20 Euro Umsatz pro Kopf in den „Umgebung”, z. B. Hotels, Gaststätten, Bus und Bahn, Taxiunternehmen etc.). Der Weihnachtsmarkt schnappt also beispielsweise dem Einzelhandel, den kleinen Lädchen in der Innenstadt, keine Kunden weg, sondern lockt zusätzlich Menschen an, ergo zusätzliche Kaufkraft. Außerdem kommen viele Besucher aus dem Ausland, um eine Portion Reibekuchen oder eine Backkartoffel mit Kräuterquark zu ergattern. Vereine und Clubs veranstalten mittlerweile Busreisen für Nicht-Einheimische. So werden die Weihnachtsmärkte regelrecht zur Touristenattraktion. Das dritte „Win” gilt übrigens den Besuchern… 😉 Prost!

Nach meiner Eingangsrechnung würde das Ergebnis also lauten: Jeder der 80 Millionen Bundesbürger müsste 12,5 Glühwein mit Schuss zu je 2,5 Euro kaufen, damit ein Gesamtumsatzvolumen in Höhe von 2,5 Milliarden erreicht würde.

Weihnachtsmarkt - Glühwein
© iStockphoto.com/svetikd

Tradition und Geschichte

Wer hat’s erfunden? Weihnachtsmärkte haben eine fast 600-jährige Tradition. Bereits im Mittelalter gab es „Verkaufsmessen”, bei denen die Menschen sich, gerade in der kalten Winterzeit, mit Lebensmitteln und anderem Winterbedarf eindecken konnten. Im 14. Jahrhundert wurde es dann Handwerkern erlaubt, Verkaufsstände für die Kleinigkeiten auf dem Markt zu errichten, die die Kinder zu Weihnachten geschenkt bekamen. Auch Stände mit gerösteten Kastanien, Nüssen und Mandeln gab es damals bereits. Das war der Grundstein für die Weihnachtsmärkte und somit entwickelte und verbreitete sich nach und nach diese Tradition. In München soll es bereits 1310 einen „Nikolausmarkt” gegeben haben. Also „made in Germany”?

Weihnachtsmarkt - gebrannte Mandeln
© iStockphoto.com/Markus Sygulla

Der wohl älteste und bekannteste Weihnachtsmarkt ist der Dresdener Striezelmarkt, der im Jahr 1434 das erste Mal erwähnt wurde. Noch heute sind die Dresdner Christstollen und die Schnitzereien aus dem Erzgebirge von hoher Beliebtheit und Tradition. Der Nürnberger Christkindlesmarkt ist auf das Jahr 1628 zurückzuführen. Dort wurde von Anfang an die Figur des Christkinds, wie Martin Luther sie beschrieb, dargestellt. Lebkuchen und Rostbratwürstchen zählen hier zu den Highlights. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts kamen die ersten Krippen aus Italien auf die deutschen Märkte. Auch Spielzeug gab es damals schon zu kaufen. So wurden in der Barockzeit modische Zinnfiguren für Kinder angeboten. Die Märkte schlossen damals schon nach wenigen Tagen. Heute beginnen sie bereits Ende November und schließen erst, wenn Weihnachten auch wirklich vorbei ist (und das reicht dann auch, keine Frage!).

Weihnachtsmarkt - Bild 2
© iStockphoto.com/chemistkane

International nach deutschem Vorbild

Der Weihnachtsmarkt stammt also aus Deutschland. Doch auch in anderen Ländern sind Weihnachtsmärkte bekannt und werden nach deutschem Vorbild veranstaltet. In Bristol (im Südwesten von England) finden zum Beispiel Weihnachtsmärkte unter dem Namen „German Christmas Market” statt. Auch deutsche Händler verkaufen dort ihre Waren. Auch in Italien (u. a. in Rom und Neapel) haben Weihnachtsmärkte Tradition. Und auch in Übersee sind Weihnachtsmärkte bereits angekommen. Seit 1970 findet in San Francisco der „Great Dickens Christmas Fair statt. Dort werden Londoner Gassen aus der Zeit von Charles Dickens nachgebildet. Und auch in Columbus, Partnerstadt von Dresden, wird Weihnachtsmarkt veranstaltet, auf dem sogar deutsche Spezialitäten wie Holzfiguren aus dem Erzgebirge und Dresdner Stollen, ganz nach dem Vorbild der Partnerstadt, angeboten werden…

Also, dann… Mütze auf, Handschuhe an und auf ins (kommerzielle, aber doch gemütliche) Winterwunderland! 🙂

 

 

Beitragsbild: © iStockphoto.com/MichaelAbid

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