Wer bezahlt für unsere Kleidung?

Wer bezahlt für unsere Kleidung?

Für viele Menschen ist Mode eine Art der Identifikation. Die Zeiten, in denen Kleidung ausschließlich eine zweckmäßige Funktion hatte, sind längst vorbei. Denn Kleider machen bekanntlich Leute – und so wird unser Leben zum Laufsteg, ob wir ihn nun bewusst betreten oder von der Gesellschaft geschubst werden. Und egal ob modebewusst oder nicht – Konsumenten sind wir alle, doch wahrscheinlich macht sich niemand die Gedanken darüber, was eigentlich hinter der Modeindustrie steckt. Woher kommt die Mode, die es in nur wenigen Wochen von den Laufstegen der Fashion Weeks in den Laden schafft? Wo wird sie produziert, unter welchen Bedingungen und vorallem – von wem?

Modekonsum – ethisch und ökologisch problematisch

Klar, jeder liest immer mal wieder Bezeichnungen wie „Made in China” oder Ähnliche, doch sind sich die meisten nicht im Klaren darüber, welches Leid für viele Menschen dahinter steckt. Mehr als drei Millionen Menschen in den Schwellenländern arbeiten unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen für Hungerlöhne an der Produktion von Kleidung.

Bangladesch beispielsweise ist nach China der weltweit größte Textilproduzent. Von den mehr als 160 Millionen Einwohnern sind etwa 20 Millionen abhängig von der Textilindustrie. Bangladesch ist ein armes, überbevölkertes Land, das etwa 80 % seiner Exporteinnahmen aus dem internationalen Absatz von Kleidung erwirtschaftet. Großkonzerne lassen in den sogenannten Exportproduktionszonen Textilien produzieren, da es marktwirtschaftlich durchaus sinnvoll ist – neben den steuerlichen Vorteilen können die Textilerzeugnisse billig in die EU eingeführt werden, da Entwicklungsländer meist von Zöllen befreit sind. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei circa 5 %, doch kann davon ausgegangen werden, dass circa 40 % der Bangladescher unterbeschäftigt sein dürften. Diese Tatsache trägt dazu bei, dass der Produktionsfaktor Arbeit so billig ist.

Die Ausstellung „Fast Fashion – Die Schattenseite der Mode“ rückt das erste Mal Mode in ein kritisches Licht und soll aufmerksam machen unseren Modekonsum vielleicht mal zu hinterfragen.

Im Podcast von Green Radio / detektor.fm könnt ihr Euch einen knapp 7-minütigen Bericht über die Austellung anhören.

Unmenschliche Arbeitsbedingungen und Hungerlöhne

Die Produktion ist aus unternehmerischer Sicht allerdings attraktiv. Hergestellt wird beispielsweise eine Jeans – und das für weniger als einen Euro. 80 Cent davon decken die Fabrikkosten (Löhne und Sicherheitsmaßnahmen), 23 Cent machen den Gewinn aus. Bis die Jeans im Laden hängt, kommen noch Kosten für Material (ca. 18 %), Transport (20%), Vertrieb und Ladenmiete (47%) hinzu. Die Gewinnmargen für die Labels sind enorm, der Lohn für die meist jungen Arbeiterinnen gering. Ein Textilarbeiter verdient weniger als 20 Cent pro Stunde. Ein Kilogramm Reis kostet in Bangladesch etwa 50 Cent. Die empfohlene minimale Geldmenge für Nahrung liegt bei 2,46 Euro pro Person pro Tag.

Sicherheit am Arbeitsplatz – ein Fremdwort! 2013 stürzt in Bangladesch eine Textilfabrik ein und begräbt viele Hundert Menschen unter Trümmern. 1127 sterben, 2438 werden zum Teil schwer verletzt. Auch 2005, 2006 und 2010 hört man immer wieder von einstürzenden Textilfabriken. Der Grund: Pfusch am Bau und die Weigerung der Verantwortlichen, das Gebäude zu evakuieren. Und auch Feuer, in den meist viel zu engen Fabriken, fordern immer wieder Todesopfer. Zwischen 2006 und 2012 kamen mindestens 579 Arbeiter bei Hunderten Bränden ums Leben.

Die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie sind mit denen in der Anfangszeit der Industrialisierung in Europa zu vergleichen: Niedrige Löhne, schwache Stellung der Arbeiter, unbezahlte Überstunden, keine Gewerkschaften, marode Fabriken, viele Arbeitsunfälle – wer sich dagegen auflehnt, riskiert es, seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

Neben den ökonomischen Auswirkungen hat der Massenkonsum auch ökologische Folgen. Er schädigt Umwelt und Mensch nachhaltig: Vom Pestizid belasteten Rohstoff wie der Baumwolle, über den Verbrauch von Wasser und den Einsatz von Chemikalien bei der Produktion bis hin zur toxischen Veredelung von Kleidung.

Was haben wir für Alternativen?

Wie Eingangs bereits erwähnt, werden sich wahrscheinlich die wenigsten Gedanken über die „Probleme” in den Schwellenländern machen. Etwas dagegen tun können wir dennoch – Aufklärung ist das Stichwort. Wir müssen uns einfach über die Probleme bewusst werden. Laut einer Umfrage der Süddeutschen Zeitung sind viele bereit für faire Arbeitsbedingungen, tiefer in den Geldbeutel zu greifen, allerdings sollte auch die Textilbranche mehr Verantwortung übernehmen. Designer beziehen beispielsweise nachhaltige Fasern u.a. aus Holz, Algen oder Hanf in ihre Kollektionen ein, Textilproduzenten beauftragen Unternehmen, die die Arbeitsbedingungen vor Ort im Auge behalten und es gibt Modeliebhaber, die sich um weinger Konsum und nachhaltigen Alternativen bemühen, wie z.B. mit dem Upcycling. Konsumieren müssen wir alle – unseren Konsum können wir aber verantwortungsvoller machen, denn die Arbeiter in den Fabriken, diese Menschen bezahlen für unsere Kleidung – mit ihrer Gesundheit, manche mit ihrem Leben.

 

 

Beitragsbild: © iStockphoto.com/luanateutzi

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