Wie du es schaffst, deine Kinder (nahezu) komplett mit Selbstgenähtem einzukleiden

Wie du es schaffst, deine Kinder (nahezu) komplett mit Selbstgenähtem einzukleiden

Selbstgenähtes für Kinder

Vor einiger Zeit habe ich euch ja schon mein Plädoyer für selbstgemachte Kleidung unterbreitet. Falls du Kinder hast, macht es natürlich genau so viel Sinn und Spaß, auch für sie viel selber zu machen. Vielen Leuten scheint es ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, auch die Kinder überwiegend mit selbst gemachter Kleidung zu versorgen. Ich habe drei Kinder und mache das seit fast neun Jahren. Heute schreibe ich euch mal ein paar meiner Tipps und Erfahrungen aus dieser Zeit auf.

Eine gewisse Besessenheit ist natürlich schon irgendwie die Grundlage. Du musst Feuer gefangen haben fürs Nähen, insbesondere fürs Nähen von Kleidung. All die Vorteile selbstgemachter Kleidung sollten sich dir schon erschlossen haben, und du solltest schon eine dauerhaft eingerichtete Nähecke oder vielleicht sogar ein eigenes Nähzimmer haben, um jederzeit loslegen zu können. Nähen sollte nicht mehr nur dein Hobby sein, sondern schon eher deine Leidenschaft, und deine Priorität vor so manch anderem Zeitvertreib wie Beispielsweise Fernsehen oder, naja, auch mal dem Haushalt. Wenn du jetzt putzt, ist davon in spätestens zwei Stunden sowieso nichts mehr zu sehen, weil irgendeiner deiner kleinen Lieblinge wieder gekrümelt, gekleckert, gemalt oder geschmiert hat. Und anstatt sich dann über den Nachwuchs und die vertane Zeit zu ärgern, kannst du letztere auch einfach nutzen, um deinem krümelnden Schatz was hübsches überzuziehen, in dem er noch süßer aussieht, wenn er Sauerei macht. Bringt garantiert mehr Freude und weniger Frust. Isso!

Alles, was danach kommt, ist eigentlich nur noch Organisation von Zeit und Material. Meiner Erfahrung nach ist es am effektivsten, sich bei der Ausstattung von Kindern auf (variierbare) Basics zu beschränken. Einige wenige, einfache Grundschnitte für Shirts, Röcke, Kleidchen, einfache Hosen, Jacken, und Accessoires wie Mützen und Schals, die über Jahre hinweg genutzt werden. So bekommst du eine Routine in der Anfertigung dieser Kleidungsstücke, die es dir erlaubt, die Grundausstattung für deine Kids fast blind, oder zumindest in sehr kurzer Zeit zu nähen. Ein Shirt in einer halben Stunde ist irgendwann kein Problem mehr. Wenn du mehrere Kinder hast, kannst du mit den zu klein gewordenen Schnittteilen die Sachen für das nächst kleinere Kind zuschneiden. Langweilig muss das nicht werden: Viele Basicschnitte bieten schnelle Variationen an; mit Applikationen, Plotterbildchen, einem simplen Schleifchen am Kragen oder anderem, einfachen Schnickeldi können Kleidungsstücke entstehen, die völlig verschieden aussehen, aber auf dem gleichen Schnitt basieren. Die Grundausstattung für meine Kinder besteht seit Jahren aus folgenden Schnitten:

Drei Kinder, neun Jahre, 10 Schnittmuster

Das wars. Drei Kinder, neun Jahre, 10 Schnittmuster, mit denen ich die Grundausstattung bestreite. Natürlich habe ich insgesamt noch einige Schnittmuster mehr ausprobiert, aber das hier sind eben unsere Basics im absoluten Dauereinsatz. Was euch bestimmt aufgefallen ist: Es kommt kein Hosenschnittmuster vor. Früher habe ich den Kindern die klassichen Pumphosen aus Cord, Jeans und Walk genäht, aber seit sie diesem Kleidungsstil coolnessmäßig entwachsen sind und nur noch Jeans tragen möchten, kaufe ich ihre Hosen. Jeans sind einfach doch recht aufwändig zu nähen, und bei meinen Kindern sehr schnell durchgespielt. Bis sie zu klein geworden sind, wurden sie so oft geflickt, dass man sie nicht mal mehr gut weitervererben kann; insgesamt also zu viel Aufwand für zu wenig Nutzen, daher: Kaufhosen. Du siehst: Etwas Pragmatismus gehört auch dazu. Solange die Kinder noch recht klein sind, kann man einen Großteil des Bedarfs super über mitwachsende Kleidung wie Pumphosen mit langen Bündchen und Tuniken decken. Wir hatten Exemplare davon, die teilweise drei oder vier Jahre lang mitgewachsen sind. Das reduziert den Aufwand in den ersten Jahren natürlich spürbar.

 

Aber nicht nur die Auswahl der Basicschnitte sollte relativ klein sein, auch die Menge an Kleidung, die deine Kinder insgesamt besitzen. Ein gewisser Minimalismus ist hier sicher nicht verkehrt. Kinder müssen nicht jeden Tag ein komplett neues Outfit anziehen, wenn die Sachen vom Vortag noch nicht wäschereif sind. Meine Kinder sind 4, 7 und fast 9 Jahre alt. Ich nähe jedem 2 bis 5 Kurzarmshirts für die warme und 5 langärmlige Shirts für den Winter. Alles, was es in mehrfacher Ausführung gibt, hake ich meistens in Serienproduktion ab: Erst alles zuschneiden, dann alles nähen, dann überall die Bündchen dran. Je nachdem, wie viel Zeit ich erübrigen kann, brauche ich dafür zwischen einem und drei Abende. Dazu maximal zwei Pullis, eine Jacke und eine Mütze. Kleidchen und Röckchen nähe ich nach Bedarf. Diese Menge reicht in der Regel ganz gut aus; ein paar wenige gekaufte Sachen oder aus Bock genähte Extrateile kommen ja noch dazu. Die meisten Sachen nähe immer eine Größe größer, als aktuell nötig. Ärmel kann man krempeln und Rockbündchen sind sehr variabel – so halten sie oft bis zur nächsten Saison. Andererseits wird unter drei Geschwistern natürlich auch zum jeweils nächst jüngeren weitervererbt, so dass ein Teil des Bedarfs schon dadurch gedeckt wird. Das ein oder Extrateil gibt es, wenn ich einen Schnitt sehe, den ich besonders schön finde, oder die Kids auf unseren mittlerweile oft gemeinsamen Streifzügen durch Stoffläden etwas entdecken, das ihnen besonders gut gefällt (ich sage nur: Lizenzstoffe (und rolle dabei mit den Augen)).

Entspannung in der Restekiste

Trotz aller Begeisterung für neue Stoffe muss man aber auch hier ein bisschen pragmatisch bleiben, damit die Kosten nicht explodieren. Ich versuche stets, aus jedem Stück Stoff das Maximum herauszuholen und alles komplett zu verarbeiten. Alleine aufgrund der Größe geht das bei Kinderkleidung sehr gut. Andersfarbige Ärmel bei Raglanshirts oder eben aus mehreren Elementen zusammengesetzte Teile wie das Kenya-Röckchen sorgen schon für etwas Entspannung in der Restekiste. Natürlich kann man beispielsweise Ärmel auch sehr gut einfach frei Schnauze aus verschiedenen Stücken zusammensetzen. Ansonsten wandern viele Reste, wie oben schon erwähnt, in Unterwäsche und Mützen. Ganz kleine Stücke eignen sich oft gut für einfache Applikationen, lange, schmale Reststreifen lassen sich gut statt Rippenbündchen an Halsausschnitten und Ärmeln werwenden – oder als Bindeband für Babymützen. Bevor ich so etwas extra zuschneide, schaue ich immer, was die Restekiste noch hergibt. Das ist auch wieder etwas, wo man die Kinder schön miteinbeziehen kann: Sie lieben es, in der Restekiste zu wühlen und nach dem passenden Stück zu suchen (oder sie finden dabei 1000 andere Schnipsel, aus denen sie sich dann dieses oder jenes wünschen, oder aus dem sie selbst ein Puppenshirt nähen wollen. Eine schöne Möglichkeit, ihre Kreativität  zu fördern).

Eine Frage, die mir sehr oft gestellt wird, ist: Wann um Himmels willen machst du das alles?! – Gerne mit dem Zusatz: Also iiiiiiich hätte dafür ja keine Zeit! Nach neun Jahren habe ich diese Frage wirklich sehr satt. Meine Antwort ist: Es ist alles eine Frage der Prioritäten. Wahrscheinlich mache ich das in der Zeit, in der andere Germanys Next Topmodel schauen oder ihre Zehennägel lackieren. Ich meine das nicht wertend, sondern genau so, wie es da steht: Die Zeit in der du dies oder das machst, nutze ich halt zum nähen. Muss halt jede*r für sich entscheiden, was er oder sie mit seiner*ihrer Zeit anfängt.

Zu guter Letzt: selbstgemachte Kinderkleidung ist beliebt und lässt sich, auch nachdem sie drei Kinder durchgemacht hat, noch gut auf dem Flohmarkt verkaufen oder im Freundeskreis tauschen. Das macht die ganze Sache noch kostengünstiger und nachhaltiger. Bei uns fällt einmal im Jahr eine Kiste aussortierte Kinderkleidung an, die ich oft im Bekanntenkreis gegen einen Gutschein für den Stoffladen eintausche. Und so geht er immer weiter, der Kreislauf der selbstgemachten Kleidung 😉

 

 

4 Kommentare
  1. Dein Beitrag hat mich sehr inspiriert und mir gezeigt, dass man es doch schaffen kann, wenn man möchte 🙂 Für meine kleine Tochter hatte ich anfangs die Ausstattung komplett selbst genäht – das ging bis sie ca 2 Jahre alt war ganz gut. Danach kam Corona und die Motivation verließ mich immer mehr. Es wurde mehr und mehr dazu gekauft und die Stoffe stapeln sich seither im Schrank.
    Nun bin ich motiviert, mich wieder an die Nähmaschine zu setzen und Stück für Stück die Kleidung wieder selbst zu nähen – für beide Kinder (inzwischen Gr. 134/140 und 110/116).
    Dein Beitrag zeigt auch, dass man gar nicht so viel braucht, wie man vielleicht denkt. Das wird mir noch schwer fallen, dann auszusortieren 🙂
    Was mir in der Auflistung etwas fehlt ist die Anzahl der Unterwäsche-Garnituren, die du nähst und auch Kleider, Röcke und Leggings. Die Schnittmuster dazu erwähnst du zwar, aber nicht, wieviel du ca davon nähst… Nur so ein Anhaltspunkt wäre evtl ganz interessant.

    LG Petra

  2. Wow, das ist eine echt Klasse Idee. Die Kinder so gut es geht in selbst genähte Sachen einzukleiden, egal ob Baby Body, Kinder Pullover, Baby Shirt und vieles mehr. Die Sachen hat dann bestimmt kein anderes Kind.

  3. oh, danke fürs Verlinken meiner Unterwäsche! Ich bin grade erst über eure Seite gestolpert – das liest sich ja alles nett!
    Ich glaub ich schau auf der Creativa mal bei euch vorbei (wenn ihr da nicht nur am Freitag seid) :))
    Liebe Grüße von Britta

  4. Liebe Ella,
    Vielen Dank für deinen Beitrag. Ich handhabe es bei meinen drei Kindern ähnlich. Sie sind zwar erst 3 Monate, 2 Jahre und 3 Jahre alt, aber mehr als 5 bis 7 Hosen oder Shirts haben die auch nicht. Noch halten die Hosen alle wilden Spiele aus, aber Jeans zukaufen werde ich mir merken. Nur wetterfeste Kleidung habe ich bisher auch gekauft. Da vertraue ich noch nicht auf meine Nähkünste.
    LG Petra

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