Come Together – "Sevengardens"-Initiator Peter Reichenbach (Aufzeichnung vom 29.08.2017)

Come Together – "Sevengardens"-Initiator Peter Reichenbach (Aufzeichnung vom 29.08.2017)

Der Initiator von sevengardens Peter Reichenbach im Interview

Unser Premierengast bei Come Together ist Peter Reichenbach aus Essen. Der (Lebens-)Künstler hat die Netzwerkinitiative sevengardens ins Rollen gebracht. Wir sprechen über seine Vita und sein soziales Engagement, besonders über ökonomische und nachhaltige Aspekte von Färbergärten.

Aufgewachsen im Essener Arbeiterviertel spielten Farben schon immer eine besondere Rolle für Peter Reichenbach. In der Schule war er nur bedingt gut, doch der Kunstunterricht gefiel ihm schon. Er wollte immer als Beruf Künstler werden, doch diese Idee fanden seine Eltern natürlich gar nicht gut – „Künstler? Auf gar keinen Fall!” An Konventionen hielt er sich auch zu Schulzeiten nicht und reiste von England, wo er Englisch lernen sollte, einfach weiter nach Bergen und lernte dort Rentiere treiben. Da verstand er das Englisch auch besser…, und dass er nicht rechtzeitig zum Ferienende wieder da war verwundert dann auch keinen. 🙂

Der Beruf „Künstler” war nie ein ernst zu nehmendes Thema, ließ ihn aber einfach nicht los und so begann seine Suche nach Farben und der Arbeitsweise anderer Künstler. Seine Leidenschaft für das Fahrrad machte ihn mobil und er radelte unerschrocken los, „2000 Mark auf der Tasche und los!”. Seine Weltumrundung blieb ein Traum, aber Dakar, Oman/Jemen und der Hindukusch erweiterten über die Jahre seinen Horizont. „Als Fahrradfahrer stellt man keine Gefahr dar. Und wenn du dann noch für die Kinder vor Ort etwas malst, kannst du gut klar kommen”, berichtet er im Gespräch. Zwischendurch hatte er viele verschiedene Jobs, war mal Fotograf, mal Totengräber, mal Rentiertreiber, Kindergärtner und Personenschützer. Seine langjährige Tätigkeit als Amateurboxer kam ihn bei dem einen oder anderen Job zu Gute: „Wenn man Kinder betreut, und die springen einem aus den Bäume entgegen und man muss sie halt auffangen – dann ist man auch fit genug fürs Boxen”. Seine beste Zeit, die im alternativen Kindergarten in Essen, dort konnte er erstmals auch richtig Kind sein und lernte seine eigenen Kompetenzen für sein späteres Leben erstmals richtig kennen.

Er eröffnete mit einem Kumpel auch einen Fahrradladen, spezialisiert auf Reiseräder, und arbeitete als Zweiradmechaniker, denn wenn er was konnte, dann nachts im Wüstensturm die Fahrräder komplett auseinander und wieder zusammen zu bauen. Er konstruierte ein Rad, dass Freunde von ihm um die Welt brachte und ein Exponat diese Vorläufers des Trekkingbikes steht heute im Deutschen Museum in München.

Irgendwann kam er von seinen Reisen zurück und auf die Frage, was er denn nun werden wolle, sagte er: „Na, Künstler!” – und er wurde wieder nur belächelt… Als der Fahrradladen dann Konkurs ging („Wir waren gute Konstrukteure, aber scheiß BWL´er”), hielt seine Frau zu ihm und gab ihm drei Jahre Zeit, seinen Traum vom Künstlersein zu verwirklichen.

Ein Ruhrpottoriginal mit Hang zu Farben

Farben waren immer da, immer Teil seines Lebens. Sein Vorstellungsgespräch am Ruhrmuseum in Essen war erfolgreich und er war innerhalb eines Jahres „Künstler” mit eigenem Auskommen. Aus gesundheitlichen Gründen musste er das Malen unter Verwendung von Acrylfarben aufgeben. Peter Reichenbach suchte nach alternativen Farben, die Idee von ungefährlichen, natürlichen Farben war geboren… In Färbergärten werden Pflanzen und Pflanzenteile (auch Abfallprodukte wie Bananenschalen) verarbeitet, um aus ihnen Farbstoffe zu gewinnen und eigene Tinte zum Schreiben, Farbe für Textilien, Wandfarben, Kosmetik und vieles mehr herzustellen. In seiner Unermüdlichkeit begeistert er seit Jahren Kinder und Jugendliche, regt sie zum Gärtnern und Farbengewinnung an. Seine Zen-Meisterin aus Hamburger-Zeiten gab ihm eine Aufgabe: Gründe sieben Gärten! Er hat es auch geschafft über den Schrebergarten von Oma Kranz hin zur weltweiten Netzwerkinitiative „sevengardens”! 

Ziel der Netzwerkinitiative ist die nachhaltige Bildung, also das ressourcenschonende Weiterentwicklung des traditionellen Wissens über Naturfarben, sowie die Schaffung neuer Wirtschaftskreisläufe. Heute gibt es mehr als 700 Färbergärten, welche in Rahmen des Netzwerks sevengardens entstanden sind. 

Was es genau mit Oma Kranz’ Garten auf sich hat, was die UNESCO mit sevengardens zu tun hat, warum er nicht an bürokratischen Hürden scheiterte und das RCE-Ruhr mitbegründete und er Feuer und Flamme für die erste Nachhaltigkeitsmesse FairFriends in Dortmund ist, erfahrt ihr im Video.

Infos zum Schluss

Macht mit bei unserem Facebook-Gewinnspiel und gewinnt mit ein bisschen Glück Eintrittskarten für die Fair Friends, welche vom 7. bis einschließlich 10. September in den Dortmunder Westfalenhallen stattfindet. sevengardens wird als Aussteller auf der Messe sein, und natürlich ist auch Peter Reichenbach da.

Peter Reichenbach hat das Buch „Farbstark mit sevengardens” (2017) veröffentlicht. Wer mehr über 100 % naturreine Farben, Portraits über Färberpflanzen und das Know-how zum Anlegen eines Färbergartens erfahren möchte, darf sich angesprochen fühlen.

 

Vielen Dank für das tolle Interview, Peter! Mach weiter so!

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